Freitag, 19. April 2024

Kinder zurück auf dem Fußballplatz

Bremervörde. Für Kreise und kreisfreie Städte mit einer Corona-Inzidenz unter 100 greifen ab Montag einige Lockerungen. Diese betreffen auch den Sport. Die Menschen im Kreis Rotenburg müssen sich zwar noch ein paar Tage länger gedulden, weil aktuell die Bundes-Notbremse gilt, doch zum nächsten Freitag dürften dann auch hier vor allem Kinder und Jugendliche profitieren. Das ist ganz im Sinne von Reinhard Bussenius, der als Jugendbetreuer der JSG Concordia die Lockerungen für dringend notwendig hält. Kritiker der Beschränkungen hatten bereits Online-Petitionen gestartet.

Die niedersächsische Landesregierung hat vergangene Woche für die Zeit ab dem 10. Mai Lockerungen beschlossen. Bei einer stabilen 7-Tages-Inzidenz von unter 100 soll auch wieder Amateursport erlaubt sein. Die neue Verordnung sieht vor, dass Kontaktsport für alle Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren mit bis zu 30 Personen möglich sein soll. „Auf gut Deutsch: Dann sollen auch Fußballspiele unter Kindern und Jugendlichen möglich sein“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil. Betreuerinnen und Betreuer benötigen negative Testnachweise.

Reinhard Bussenius begrüßt diese Entscheidung. Er hofft jetzt wie beispielsweise auch Michael Meyer, Jugendobmann beim Bremervörder SC, auf niedrige Coronazahlen und dass das Training beginnen kann.

Besonders Jugendliche seien betroffen von den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. „Immer mehr gehen gar nicht mehr vor die Haustür, sitzen vor dem PC oder vor dem Fernseher“, zeichnet der U18-Jugendbetreuer ein düsteres Bild. „Außerdem sehe ich, wenn ich durch Bremervörde fahre, Treffen von Jugendlichen in kleineren und größeren Gruppen bei verschiedenen Treffpunkten in der Stadt mit und ohne Alkohol. Abstand wird dann kaum noch gewahrt.“ Ein kontrolliertes und wieder regelmäßiges Vereinssportangebot könne helfen, „dass die übrigen notwendigen Maßnahmen zur Infektionsabwehr auch mit Überzeugung getragen werden“.

Vielfach beklagten die Älteren, dass ihnen Treffen in Diskotheken oder bei Festen sehr fehlten. Solche Aktivitäten seien im Moment allerdings noch nicht wieder drin. „Möglich ist aber, Sport zu treiben auf den vielen Plätzen, die wir in unserer Stadt haben oder auch in einem der vielen Vereine. Jugendliche wollen Bewegung, sie brauchen auch Möglichkeiten, um sich zu treffen und miteinander etwas zu unternehmen“, sagt Bussenius. Und das finde beim Fußball, Basketball oder Handball oder auch der Leichtathletik in der Regel draußen statt.

Das Infektionsrisiko hält er dabei für äußerst gering und bezieht sich unter anderem auf einen Beitrag des Aerosolforschers Dr. Gerhard Scheuch bei fußball.de. Als Beleg wird auch ein Text der „Irish Times“ genannt, wonach 99,9 Prozent der Covid-19-Ansteckungen in geschlossenen Räumen stattfänden. Folglich seien auch Spielformen, Zweikämpfe und ganz normales Mannschaftstraining problemlos möglich. Bei der Berichterstattung handelt es sich allerdings genau genommen nicht um eine wissenschaftliche Studie. Die irische Tageszeitung hatte die Daten auf Anfrage des Health Protection Surveillance Centers (HPSC), das die Fallzahlen in Irland überwacht, erhalten und daraus auch eigene Schlüsse gezogen. „Von den 232164 Fällen von Covid-19, die bis zum 24. März dieses Jahres im Land registriert wurden, waren 262 auf die Übertragung im Freien zurückzuführen, was 0,1 Prozent der Gesamtzahl entspricht“, heißt es in dem Artikel. Dabei handelte es sich um „20 Ausbrüche im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten und Fitness, bei denen es 131 Fälle gab“.

Unbestritten in der Wissenschaft ist zwar, dass es draußen sicherer als drinnen ist, und doch sind diese Zahlen nicht wirklich belastbar, denn herangezogen wurden Fälle, die explizit mit einer Outdoor-Aktivität in Verbindung gebracht wurden. Das bedeutet jedoch nicht, dass alle anderen Infektionen folglich in geschlossenen Räumen stattgefunden haben müssen. Zudem könne nicht genau festgestellt werden, wo die Übertragung stattgefunden habe. Zwar spiegelt das Ergebnis eine Studie in China mit deutlich weniger Fällen sowie auch Untersuchungen der University of California wider. Letztlich gibt es in Europa aber keine weiteren aktuellen Studien. Darauf machte erst kürzlich unter anderem die Rotenburger Kreiszeitung aufmerksam. „Auch die Publikation der Aerosolforscher bezieht sich letztlich auf ,keine neuen Daten aus Studienergebnissen‘“, konstatiert auch die „Deutsche Welle“ in einem Faktencheck.

Ungeachtet dessen öffnet Niedersachsen ab der kommenden Woche den Sportbereich. Begründet wird der Schritt mit sinkenden Inzidenzzahlen und damit, dass Kinder für den Schulbesuch ohnehin mindestens zweimal wöchentlich auf das Coronavirus getestet werden.

Erwachsene können laut dem niedersächsischen Stufenplan ab sofort kontaktfrei in Gruppen draußen zusammen Sport treiben. Sie müssen dabei aber mindestens zwei Meter Abstand voneinander in alle Richtungen halten sowie allesamt negativ getestet, geimpft oder genesen sein. Kontaktsport wäre in Niedersachsen bei negativem Testnachweise aller Beteiligter ebenfalls möglich. „Auch diese Öffnung ist sinnvoll“, findet Reinhard Bussenius.

Im Innenbereich gelten die gleichen Kontaktbeschränkungen wie sonst bei privaten Treffen: ein Haushalt plus zwei Personen eines anderen Haushalts. Neu ist nun, dass Erwachsene ebenso sowie Trainer oder Betreuer beim Sport im Innenbereich negativ getestet, genesen oder geimpft sein müssen. Duschen und Umkleiden bleiben geschlossen.

Wie der Re-Start des Sports im Landkreis konkret aussehen könnte, ist in der nächsten Woche Thema des Kreissportbundes. Der KSB lädt seine Mitgliedsvereine zu einem Online-Meinungsaustausch mit Landrat Hermann Luttmann am 12. Mai von 18 bis 19 Uhr ein. In dieser Stunde soll es um einen konstruktiven Austausch gehen. Aktuell sind die Hallen für den Sportbetrieb noch nicht wieder geöffnet. Das könnte sich für die städtischen Sporthallen in Bremervörde schon sehr bald ändern. Die Verwaltung habe das Thema auf der Agenda, werde aber erst nächste Woche und in Absprache mit dem Gesundheitsamt entscheiden, „wenn die endgültige Verordnung“ aus Hannover vorliegt, so Dr. Silke Fricke. „Wir stehen Gewehr bei Fuß“, sagte die Erste Stadträtin gestern auf Anfrage. (mib/rk/maf)

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