Zeven

Bin ich eine schlechte Freundin, nur weil ich nicht auf Nachrichten antworte?

Das Wochenende ist da. Wenn ich freitagabends erschöpft auf der Couch sitze, sage ich mir: Keine Ausreden mehr - jetzt beantwortest du endlich alle Chatnachrichten, die sich die Woche über aufgestaut haben, bekommst dein Leben in den Griff und zeigst deinen Freundinnen und Freunden, dass du sie noch lieb hast.

Doch irgendwie fühlt es sich an wie eine lästige To-do-Liste, die ich mühsam abarbeite. Eigentlich bräuchte ich doch nur fünfzehn Minuten am Tag, denke ich. Die meisten Nachrichten wären in Sekunden beantwortet: ein Emoji hier, ein kurzes Update dort, ein „Fühl dich umarmt“. Dann würde ich mich besser fühlen - zumindest bis die erste Freundin sofort antwortet und der Chat wieder auf meiner To-do-Liste landet. Soll mich diese pflichtbewusste Unlust wirklich mein Leben lang begleiten?

Die Erkenntnis kam durch eine enge Freundin, die ganz offen schrieb: „Sorry, ich bin wirklich schlecht im Antworten, aber das weißt du ja. Ich freu mich darauf, dich in drei Wochen zu sehen. Bis dahin denk ich an dich.“ Und was soll ich sagen? Statt verärgert zu sein, war ich erleichtert.

Freundschaft misst sich nicht an ständiger Erreichbarkeit, sondern an echter Verbundenheit. Ich möchte meine Freundinnen und Freunde sehen, sie umarmen, unsere Zeit bewusst genießen - und mich einfach auf das nächste Wiedersehen freuen. Ohne schlechtes Gewissen wegen einer unbeantworteten Nachricht aus dem Januar.

Pia Willing

Als gebürtige Hamburgerin liebt sie die stürmische Küste. In Münster hat sie Design studiert und ist danach in den Norden zurückgekehrt. Seit Dezember 2024 volontiert sie bei der Zevener Zeitung und möchte mit ihrer Arbeit Menschen eine Stimme geben, die sonst kein Gehör finden.

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