„Ich setzte den Fuß in die Luft - und sie trug.“ Kann Sprache wuchtiger sein als dieser federleichte, kleine Satz? Kann etwas so Leises solche Kraft an Klang in die Welt senden? Die Zeile der Dichterin Hilde Domin begleitet mich seit Jahren. Sie ist mehr als ein Vers, ein Bild, eine Stimmung. Mehr - Mantra. Lied. Vielleicht - Gebet. Diese Zeile ist Poesie. Heute ist „Welttag der Poesie“ - den haben die Vereinten Nationen 1999 auf den 21. März, den Frühlingsbeginn, gelegt. Ein Tag, denken Sie womöglich, den diese zersplitterte, zerbrechliche, verwundete Welt nun wirklich als Allerletztes dringend braucht? Ja. Braucht sie. Wirklich. Als vielleicht allerletzten leisen Schrei der Seele nach etwas, das unzerstörbar ist. Weil es - wie Spiritualität, wie Mut und Schönheit - über das Zerstörbare und Rationale, Funktionable hinausgeht. Das ist ja das Wesen der „Poesie“ - das Wort bedeutet im Altgriechischen „Erschaffung“ -, aus etwas zu schöpfen, das im tiefsten Innersten und zugleich außerhalb einer von Katastrophen gequälten Welt existiert. In der Empfindsamkeit, der Zärtlichkeit des Augenblicks. Poesie ist auch etwas Flüchtiges - wie ein vollkommener Moment. Eine Harmonie. Anmut einer Bewegung. Manchmal haben Menschen wie Hilde Domin die Gabe, das in Sprache zu verdichten. „Gedichte sind eine Stimme, die den Menschen in seinen tiefen Sehnsüchten Ausdruck verleiht, seiner Unfähigkeit, in der lauten Welt zu Frieden zu finden und niemals aufzuhören, nach Sinn zu suchen...“ - Rilke, glaube ich. Ihn trug sie - die Luft.
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