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Leistungsfußball-Projekt des VfL Sittensen steht vor dem Aus

Das in den vergangenen Jahren so umstrittene wie ambitionierte Leistungsfußball-Projekt des VfL Sittensen steht aller Voraussicht nach vor dem unmittelbaren Aus. Das wurde am Montag auf einem Elternabend in Sittensen verkündet.

Ein kaputter Fußball mit wenig Luft liegt auf nassem Rasen.

Die Luft ist raus bei den Leistungsmannschaften im Jugendfußball des VfL Sittensen. Möglicherweise wird der Spielbetrieb im Winter eingestellt. Foto: Wenzel

Keine Trainer mehr, keine sportliche Leitung mehr und wohl auch keine Zukunft mehr. Der Bereich Leistungsfußball im Nachwuchsbereich des VfL Sittensen ist aller Voraussicht nach am Ende.

"Am Montag habe ich auf einem Elternabend meinen Rücktritt als sportlicher Leiter angekündigt", bestätigte Adrian Timmermann. Weiterhin kündigten auch noch die Trainer Noah Krämer, Tanja Renken und Marvin Kasten ihre Rücktritte an.

Spielbetrieb wird noch bis zur Winterpause aufrechterhalten

"Wir werden bis zur Winterpause den Spielbetrieb aufrechterhalten, dann ist für uns Schluss", betont Timmermann. "Es gibt keine Grundlage mehr für Leistungsfußball in Sittensen. Der Gesamtvorstand des VfL hat – und das haben sie uns ziemlich deutlich in den letzten Monaten gezeigt – keinen Leistungsfußball mehr gewollt. Das muss man so klar sagen."

Wieviel kaputtgegangen ist in diesem Verein, zeigen auch die Worte von Willy Fröhlich – kommissarisch der 2. Vorsitzende des VfL – der bis Dienstagabend offiziell nicht über diese Vorgänge aus der Fußballsparte informiert worden war. "Wir haben davon gehört. Aber offiziell wurden wir darüber nicht informiert – auch nicht über diesen Elternabend. Adrian Timmermann ist für mich auch nicht mehr zu erreichen", so Fröhlich. "Für den 2. November war ein Termin mit den Eltern geplant, bei dem wir unser Konzept vorstellen wollten. Das wurde uns alles zerschossen."

Ambitioniertes Projekt wurde vor fünf Jahren beim VfL Sittensen gestartet

Es ist das abrupte Ende eines so ambitionierten wie umstrittenen Projekts, das vor gut fünf Jahren seinen Anlauf nahm. Beim VfL Sittensen hatte man sehr ambitionierte Pläne. Die neu angelegten Kunstrasenplätze sollten "mit Leben gefüllt" werden.

Der damalige Vorsitzende Egbert Haneke gewann dafür den St. Pauli-Mitarbeiter Yul Wiegand als sportlichen Jugendleiter, der sehr schnell und umfassend ein innovatives Konzept in Sittensen umsetzte – mit bemerkenswerten Erfolgen: Mehrere Talente schafften den Sprung in die Nachwuchsleistungszentren von Bundesligisten. Der VfL-Nachwuchs feierte Meisterschaften auf Kreis- und Bezirksebene.

Aber – und das ist auch ein Teil der Geschichte – das Projekt Leistungsfußball in Sittensen war für sehr viele Vereine in der Region ein rotes Tuch. Vorgeworfen wurde der sportlichen Leitung des VfL vor allem ein sehr aggressives Vorgehen bei der Abwerbung von Jugendspielern (Masseneinladungen, Fragen des Datenschutzes).

Yul Wiegand war nach Streitigkeiten mit Teilen des Vorstands gegangen

Und auch noch vor dieser Saison – Yul Wiegand war nach Streitigkeiten mit Teilen des Gesamtvorstands bereits im Februar dieses Jahres von seinem Amt zurückgetreten – gab es harsche Beschwerden von Vereinen aus Soltau, Zeven und Rotenburg über das Vorgehen des VfL bei der Abwerbung von Nachwuchsspielern.

Und es gab darüber hinaus Fragen auch aus dem Umfeld des Vereins: Was hat überhaupt der Gesamtverein davon? Und kann und möchte man sich als Verein solch ein ambitioniertes Projekt leisten?

Schon seit den Rücktritten von Haneke und Wiegand gab es Spekulationen darüber, wie lange das alles in Sittensen überhaupt noch gut gehen kann. Trainer und auch Spieler verließen im Sommer den Verein, wechselten unter anderem zum Buchholzer FC – hier ist Yul Wiegand seit dem 1. Oktober sportlicher Leiter. Ein sportlicher Qualitätsverlust, der sich in dieser Hinserie in den Ergebnissen niederschlug.

An der Personalie von U17-Trainer Damsch entzündete sich ein Streit

Und nun bricht alles zusammen. Vor allem an der Personalie von U17-Trainer Jürgen Damsch entzündete sich letztlich der große Streit zwischen Fußball-Leistungssparte und Gesamtvorstand. "Ich war seit dem Sommer fast vier Monate Trainer hier, und es kam - obwohl das alles mit Adrian Timmermann so vereinbart war - kein Vertrag mit dem Gesamtvorstand zu zustande. Da wurden Gesprächstermine abgesagt, Vereinbarungen wieder umgeändert. Ich habe für meine ganze Arbeit bisher weder Geld noch eine Fahrtkostenerstattung erhalten", so der Bremer, der Mitte Oktober per Mail vom Gesamtvorstand über das Ende dieser Vertragsverhandlungen informiert worden war.

"Es stimmt. Er hat, weil kein Vertrag mit unserem Verein zustande kam, tatsächlich in dieser Zeit kein Geld gesehen", bestätigt Willy Fröhlich. "Das lag aber daran, dass es für uns zunächst sehr schwierig war, ihn überhaupt an den Verhandlungstisch zu bekommen, und dann hat Jürgen Damsch – einen Tag nachdem wir uns im Grunde schon geeinigt hatten – nachträglich Forderungen gestellt, die für uns als Verein inakzeptabel waren."

Reichlich brisante Fragen im Vorfeld der Vorstandswahlen beim VfL

Zusätzliche Brisanz bekommt diese Auseinandersetzung auch noch angesichts der in gut zwei Wochen anstehenden Neuwahlen des VfL-Vorstands. Der VfL Sittensen befindet sich – wie es heißt – in einer schwierigen Lage, ist finanziell stark belastet.

"Uns ist schon zu Ohren gekommen, dass es ein unruhiger Abend werden könnte. Ich hoffe aber für den Verein, dass wir endlich wieder zu einem harmonischen Miteinander finden", so Fröhlich, der für den Vorsitz des VfL kandidiert.

Bis zur Winterpause kümmern sich Adrian Timmermann (links) und Noah Krämer als Trainer um die U17 des VfL Sittensen. Dann wird es mit dem leistungsorientierten Jugendfußball im Verein vorbei sein.

Bis zur Winterpause kümmern sich Adrian Timmermann (links) und Noah Krämer als Trainer um die U17 des VfL Sittensen. Dann wird es mit dem leistungsorientierten Jugendfußball im Verein vorbei sein. Foto: Clemens Budde

Andreas Meier

Freier Mitarbeiter

Andreas Meier ist als freier Mitarbeiter für den Nordsee Medienverbund bestehend aus Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Zevener Zeitung tätig. Seine Berichte finden sich unter diesem Autorenprofil gesammelt wieder.

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