Bremerhaven

Es fehlt das Geld: Tafel Bremerhaven muss Ende des Jahres schließen

Die Tafel Bremerhaven schließt Ende des Jahres. Das haben die fünf Wohlfahrtsverbände, die als Volkshilfe e.V. Träger der Tafel sind, am Dienstag auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Sie hoffen, dass sich Akteure für einen Neustart finden.

Sechs Personen stehen auf einer grünen Wiese unter einem Baum

Sie vertreten die fünf Sozialverbände, die die Tafel Bremerhaven gemeinsam betreiben: (von links) Ina Tiedemann, Vorstand des Caritasverbandes, Viola Müller-Krause, Geschäftsführerin Die Paritäten Bremerhaven, Thorsten Büsker, Geschäftsführer Diakonisches Werk Bremerhaven, Silke Rupietta, Prokuristin und Eckart Kroon, Geschäftsführer der AWO Bremerhaven, sowie Maria Groß, Kreisgeschäftsführerin DRK Bremerhaven Foto: Polgesek

Die Tafel Bremerhaven schließt Ende des Jahres 2025. Das hat der Trägerverein Volkshilfe am Dienstag in einer Pressekonferenz mitgeteilt. Gleichzeitig hoffen die fünf Wohlfahrtsverbände, die die Volkshilfe 1996 für den Betrieb der Tafel gegründet haben, dass sich Personen, Organisationen oder Initiativen für einen Neustart finden. Denn: Die Tafel Bremerhaven versorgt wöchentlich bis zu 950 bedürftige Menschen mit gespendeten Lebensmitteln.

Lage hat sich über zwei Jahre zugespitzt

„Es ist uns sehr schwer gefallen, die Tafel aufzugeben. Es bricht uns das Herz“, sagt Eckart Kroon, Geschäftsführer der AWO, die zusammen mit dem Diakonischen Werk, den Paritäten, dem Caritas-Verband sowie dem DRK Mitglieder der Volkshilfe sind. „Es fehlt nicht an Ehrenamtlichen, es fehlt nicht an Lebensmittelspenden.“ Vielmehr seien die Kosten gestiegen und die Vorschriften zum Umgang mit Lebensmitteln verschärft worden.

Die Lage habe sich über zwei Jahre zugespitzt, hieß es in der Pressekonferenz. Es seien immer wieder Lösungen gefunden worden. „Aber jetzt ist das Ende der Fahnenstange erreicht“, sagte Thorsten Büsker, Geschäftsführer des Diakonischen Werkes. Miete, Strom und Müllentsorgung - alles sei teurer geworden. „Hinzu kommen neue gesetzliche Aufgaben und Hygienevorschriften, die selbstverständlich einzuhalten sind, aber deren Umsetzung ebenfalls mit Kosten verbunden sind“, berichtete er.

Gebäude an Surfeldstraße entspricht nicht den Vorschriften

Der wichtigste Faktor: Das Hauptgebäude der Tafel in der Surfeldstraße entspreche nicht mehr den Standards, das sei bei einer Begehung mit dem Gesundheitsamt festgestellt worden. Zudem muss die Tafel bis Ende des Jahres ein Kühlhaus im Hafen räumen, das bisher von einem Unternehmen zur Verfügung gestellt worden war. Ersatz hat sich nicht gefunden.

Ein anderes Gebäude, das den Anforderungen genügt, müsste her. Und der Betrieb der Tafel müsste künftig von hauptamtlichen Kräften organisiert werden. Gemessen an der Einwohnerzahl Bremerhavens zähle die Tafel sicher zu den größten Deutschlands. Die Tafelkunden müssten verwaltet werden. Jemand müsse die kleinen Einzahlungen der Tafelkunden buchen, ebenso wie die Spenden, die Aufwandsentschädigung für die Ehrenamtlichen, die laufenden Kosten. Und, besonders aufwendig und sicherheitsrelevant: Es müsse einen Verantwortlichen für den Fuhrpark der Tafel geben. „Das kann man nicht Ehrenamtlichen aufbürden“, merkte Silke Rupietta, Prokuristin des AWO-Verbandes an.

Hoffnung auf Initiativen aus der Stadtgesellschaft

Doch für diese ganzen Anforderungen fehle der Volkshilfe und den einzelnen Mitgliedsverbänden das Geld. In den vergangenen Monaten hätten sie alle Möglichkeiten abgeklopft, mit der Politik und der Stadt Bremerhaven gesprochen und auch befreundete Wohlfahrtsverbände kontaktiert. Doch es habe sich keine Lösung gefunden.

„Was wir uns erhoffen - und deshalb informieren wir auch jetzt - es gibt vielleicht noch Menschen oder Organisationen, die den Tafelbetrieb übernehmen können“, sagt Maria Groß Kreisgeschäftsführerin des DRK Bremerhaven. „Wir können es zusammen nicht mehr. Aber wir sind auch 2026 noch da, um zu unterstützen.“ Und Büsker ergänzt: „Wir erhoffen uns eine Initialzündung. Solange wir gesagt haben: ,Es geht nicht mehr‘, aber es noch gemacht haben, ist nichts passiert. Diese Erwartungshaltung können wir nicht mehr erfüllen.“

Politik reagiert in gemeinsamer Presseerklärung

Da nicht nur die Mitarbeiter der Tafel, sondern auch die Stadt und die Politik vor der Pressekonferenz informiert worden waren, gab es zügige Reaktionen. SPD-Fraktion, CDU-Fraktion und FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Bremerhaven äußerten sich in einer gemeinsamen Pressemitteilung: Die Fraktionsvorsitzenden Sönke Allers (SPD), Thorsten Raschen (CDU) und Bernd Freemann (FDP) teilten mit, sie seinen „tief betroffen“.

Weiter heißt es in der Mitteilung: „Zugleich machen die Koalitionsfraktionen deutlich, dass die Gründe für das Aus nicht in Bremerhaven zu suchen sind“ Und: „Unter den strengen Haushaltsauflagen des Landes Bremen ist es der Stadt schlicht nicht möglich, die Tafel selbst weiterzuführen. Die Verantwortung lag und liegt traditionell bei den freien Wohlfahrtsverbänden, nicht bei den Kommunen“, stellen Allers, Raschen und Freemann klar.

Andererseits lassen sich die Koalitionsfraktionen folgendermaßen zitieren: „Wir dürfen uns aber nicht damit abfinden, dass dieses so wichtige Angebot ersatzlos verschwindet. Jetzt ist die Zeit, Kräfte zu bündeln. Wir rufen Stiftungen, Vereine, Unternehmen und Initiativen dazu auf, gemeinsam mit den Verbänden neue, tragfähige Lösungen zu entwickeln. Die Koalitionsfraktionen werden diesen Prozess konstruktiv unterstützen.“

Backsteingebäude mit grüner Eingangstür hinter einem Zaun, das Eingangstor zum parkartigen Gelände steht offen

Die Zentrale der Bremerhavener Tafel in der Surfeldstraße 29, wo montags bis freitags Lebensmittel an Bedürftige ausgegeben werden, entspricht nicht mehr den Vorschriften. Ein anderes Gebäude hat sich bisher nicht gefunden. Foto: Polgesek

Eva Dahlmann-Aulike

Reporterin

Eva Dahlmann-Aulike ist Münsterländerin. Sie hat ihr Volontariat in Schleswig-Holstein gemacht und in Bocholt und Friesoythe als Redakteurin gearbeitet. Seit Juni 2025 ist sie beruflich angekommen, wo sie bereits seit 2008 gerne lebt. Sie entspannt in ihrem Gemüsegarten.

nach Oben