Der CDU-Bürgerschaftsfraktion hatte vor dem Staatsgerichtshof geklagt, weil sie die hohe Neuverschuldung im Nachtragshaushalt 2023 und im Landeshaushalt 2024 als Verstoß gegen die Schuldenbremse betrachtete. Am Donnerstag haben die Richter diese Auffassung bestätigt. Das ist eine schwere Schlappe für die Landesregierung. Aber bedeutet das nun auch das Aus für die Projekte, die mit den Schulden finanziert werden sollen?
60 Millionen Euro für Westkaje
1,3 Milliarden Euro hat der Senat über Schulden finanziert. Dazu gehört auch ein 450-Millionen-Euro-Paket, das auf einem Treuhandkonto geparkt wurde. Mit dem Geld sollten die Bremer Stahlwerke bei der Umstellung auf grünen Stahl unterstützt werden. Zu den Projekten gehört auch die Westkaje, die die Lloyd Werft auf der rechten Seite begrenzt. Sie wurde bereits vor Jahren zur Hälfte erneuert. Nun sollte für rund 60 Millionen Euro auch der zweite Teil ertüchtigt werden. Damit wollte der Senat die Werft bei ihren Plänen unterstützen, große Konverterplattformen für Offshore-Windparks herzustellen.
In diesem Jahr sollen die ersten Millionen bereitgestellt werden. Nils Hesse vom Wirtschaftsressort geht davon aus, dass das Urteil das Projekt nicht gefährden wird. Staatsgerichtshof-Präsident Peter Sperlich hatte bei der Urteilsbegründung betont, dass sich trotz Verstoßes gegen die Schuldenbremse aus dem Urteil keine Rückabwicklungspflichten für den Senat ergeben. Allerdings nur für die Mittel, die bis zur Urteilsverkündung ausgegeben worden sind. Und was ist mit dem Geld, das noch nicht ausgegeben wurde? Matthias Makosch vom Finanzressort sieht das Geld für die Westkaje nicht gefährdet. „Es gibt keine Rückabwicklung“, sagt er. Der Staatsgerichtshof haben die Ausgaben nicht als nichtig erklärt.
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jens Eckhoff spricht nach der Urteilsverkündung von „der nächsten Klatsche“ für den Senat. Im Moment hätte die Regierung von Andreas Bovenschulte (SPD) keinen guten Lauf: Senatoren werden ausgetauscht, die Umweltsenatorin tritt zurück und die Wirtschaftssenatorin hat den Staatsanwalt im Nacken. Und nun ist die Neuverschuldung im Nachtragshaushalt 2023 und im Landeshaushalt 2024 auch noch als Verstoß gegen die Schuldenbremse gebrandmarkt worden.
Klimakrise berechtigt zu neuen Schulden
Die Schulden wurden von der Regierungsmehrheit mit den anhaltenden Krisen begründet: Pandemie, die Folgen des Ukraine-Kriegs und die Bekämpfung Klimakrise. Grundsätzlich seien die neuen Schulden zulässig, um auf die Krisen zu reagieren und ihre Folgen abzufedern, sagt der Staatsgerichtshof. Damit bejaht er erstmals die in der Rechtssprechung umstrittene Frage, dass die Klimakrise eine außergewöhnliche Notsituation darstellt, die trotz Schuldenbremse zur Aufnahme von Krediten berechtigt. Den Klimawandel gebe es zwar schon länger, aber er habe sich zu einer akuten Klimakrise entwickelt. „Es gab eine Zuspitzung in den vergangenen Jahren“, sagte Sperlich.
Trotzdem sieht er einen Verstoß gegen die Schuldenbremse. Wenn der Haushaltsgesetzgeber die Neuverschuldung mit den verschiedenen Krisen begründet, dann muss er nachher auch akribisch darlegen, welche Maßnahme mit dem Geld finanziert wird und welche Wirkung erzielt werden soll. Pauschale Begründungen seien absolut unzulässig und unzureichend. „Diese strengen Vorgaben werden Senat und Bürgerschaft bei künftigen Notsituationen berücksichtigen müssen“, sagte Finanzsenator Björn Fecker (Grüne).

Der Staatsgerichtshof hat in seinem Urteil die Neuverschuldung des Senats als unvereinbar mit der Schuldenbremse erklärt. Foto: Mündelein