Seit der Sommersaison 2023 dürfen Frauen im Faustball auch in Männer-Teams spielen. Das war damals eine Entscheidung des Faustball-Verbandes, die nicht überall auf Gegenliebe stieß. In Selsingen dagegen wurde diese neue Möglichkeit schnell genutzt, so standen bereits am 2. Spieltag der Feldsaison 2023 im Kreisliga-Team des MTSV mit Henrike Ahrens, Marina Hudaff und Maike Poppe drei Faustballerinnen im Männer-Kader und die zwei erstgenannten kamen im ersten Spiel des Tages gegen Abbenseth 4 gleich zum Einsatz. Im Laufe der Saison stieß auch noch die junge Sara Brandt hinzu. Alle vier spielen seitdem regelmäßig für die Herren-Teams des MTSV.
Junge Spielerin ist in das Bezirksliga-Team des MTSV aufgestiegen
Die jüngste der vier Spielerinnen ist Sara Brandt. 17 ist sie erst und während ihre drei Team-Kolleginnen Henrike Ahrens, Marina Hudaff und Maike Poppe weiterhin im Selsinger Kreisliga-Team spielen, ist Brandt seit der letzten Hallensaison für das Bezirksliga-Team des MTSV im Einsatz. „Vom Alter her passt die Mannschaft auch besser zu mir“, erzählt die Schülerin im Gespräch mit der ZEVENER ZEITUNG.
Etwaige Vorbehalte, die ohnehin unwahrscheinlich waren, wenn man die Selsinger Faustballer kennt, gab es nicht. „Ich habe gleich Anschluss gefunden. Es macht unheimlich viel Spaß in diesem Team, der Zusammenhalt ist überragend“, erzählt Brandt, die in dieser Spielklasse eine Sonderrolle einnimmt. „In der Kreisliga helfen öfter mal Frauen auch in den anderen Mannschaften aus, in der Bezirksliga ist das nicht der Fall. Da habe ich bisher nur eine Trainerin getroffen.“
Sara Brandt: Männer spielen mit Kraft, Frauen mit dem Kopf
Und auch von den Faustballern aus den anderen Teams wird sie voll akzeptiert. „Die Leute kommen auf mich zu, sprechen mich an. Das ist alles sehr freundlich und nett“, so Brandt, die den Unterschied zwischen Männer- und Frauen-Faustball kurz und bündig so zusammenfasst: „Ich will jetzt niemandem zu nahe treten, aber es ist tatsächlich so: Männer spielen mit Kraft, Frauen mit dem Kopf. Das ist einfach anders“, so Brandt.
In Selsingen ist das Zusammenspiel von Frauen und Männern in einem Team mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Der MTSV nimmt - so gesehen - eine Vorbildfunktion nicht nur im niedersächsischen Faustball ein. „Ich denke, darauf können wir alle stolz sein“, so Brandt.
Dokumentation des SWR hat nachdenklich gemacht
Also alles gut? Eine Dokumentation des SWR - über Missbrauchsvorwürfe gegen einen früheren Landestrainer und späteren Bundesliga-Schiedsrichter aus Niedersachsen - hat der 17-Jährigen zu denken gegeben.
„Ich habe die Doku im Februar zusammen mit drei Jungs aus meinem Team bei einem Schiedsrichter-Lehrgang gesehen. Danach haben wir lange darüber gesprochen, und du machst dir als junge Frau natürlich Gedanken: Ich vertraue meinen Jungs aus Selsingen voll und ganz. Aber wie sieht es bei den anderen Mannschaften aus? Kann ich da wirklich jedem trauen? Seitdem sorge ich dafür, dass immer eine Frau - zum Beispiel die Freundin eines Mitspielers - in der Kabine sitzt, während ich dusche“, erzählt Brandt.
„Wobei ich sagen muss, ich hatte noch nie in den letzten zwei Jahren irgendwelche Probleme, auch wenn ich mal ganz alleine in der Kabine war. Die Leute verhalten sich in der Regel sehr rücksichtsvoll.“